Ich stehe mit Mayla im grossen Garten, unter den vielen Obstbaeumen und Palmen und nehme gerade unsere Waesche von der Leine. Auf einmal hoere ich ein Rauschen. Ich blicke auf und der Himmel scheint sich zu bewegen. Einen Moment denke ich verwirrt, es regnet (in der Trockenzeit?!), dann begreife ich.
Das Bienennest, das 10 Tage lang an einem der Baeume hing, hat sich aufgeloest. Tausende von Bienen hingen in einem dicken Klumpen von einem Ast und nicht eine der Bienen hat sich in den 10 Tagen bewegt – und nun haben sie sich von einem Moment zum anderen entschieden, diesen Ort zu verlassen.
Bienen schwirren vor, ueber und hinter uns. Der Himmel scheint schwarz zu sein. Ich lasse die Waesche fallen, reisse Mayla an mich und renne. Gut 20 Meter weiter bleibe ich stehen, am Baumhaus, in dem Angelina und Bunleod, die Leute, denen das Grundstueck gehoert, sitzen. Auch hier noch ist der Himmel mit Punkten gefuellt, die hastig hin und her schwirren und die Luft summt. Alles spielt sich nun oben ab und wir beobachten staunend das Schauspiel. 20 Sekunden spaeter ist alles vorbei, der Himmel ist wieder blau und es ist keine einzige Biene mehr zu sehen.
Wir gehen zu dem ehemaligen Bienennest in der Erwartung, dort irgendein Ergebnis des 10taegigen Ausharrens zu sehen, doch
die Bienen haben nichts hitnerlassen – ausser einer hellen Stelle an dem Ast, dort wo sie sassen.
(Eine Recherche bei Google hat ergeben, dass wir Schwarmverhalten beobachtet haben. Der Bienenschwarm war ein Teil der urspruenglichen Kolonie, die diese velassen hat, da sie zu gross wurde. Die Stelle am Baum war bloss ein Uebergangs-Nest, von dem 10-20 Bienen ausgesandt wurden, um eine gute dauerhafte Bleibe zu finden, waehrend 10.000e Bienen sich um die Koenigin ansiedeln und auf die Kundschafter warten. Dabei sind 10 Tage eine sehr lange Wartezeit!)
Mayla und ich sind gerade in einem Homestay. Homestay („Zuhause-Wohnen“) heisst genau das – bei Menschen zuhause zu wohnen, anstatt in einem Gaestehaus. Das kann in deren Haus sein, in deren Gaestezimmer oder wie bei Bunloed sein: Er hat 5 Bungalows fuer seine Gaeste gebaut und einen riesigen, wunderschoenen Garten angelegt. Ausserdem Badezimmer und eine grosse Kueche, in der er entweder fuer seine Gaeste, die Gaeste fuer sich selber oder alle zusammen kocht. Das alles in einem kleinen Dorf zwischen Nong Khai und Nakhon Phanom. Ausserdem werden bei einem Homestay die Gaeste auch wie Gaeste behandelt und Zeit mit ihnen verbracht.
Die Bungalows sind wunderschoen und sehr luxerioes. Ich bezahle 270Baht (etwa 8 Euro) pro Nacht – fuer Thailand und das, was ich dafuer kriege, sehr guenstig
Bunloed ist Thailaender und ein echtes Unikat – er ist sehr viel reflektierter und besonnener als ich es generell in Thailand kennengelernt habe. Und seine franzoesische Freundin Angelina erinnert mich an Meryl Streep aus „Julie&Julia“ – eine herzensgute Seele.
Fuer Mayla ist diese gruene Oase ideal. Sie spielt mit den Spielsachen, die Angelina fuer die Nahbarskinder besorgt hat, mit den Nachbarskindern, mit dem Hund Biba und natuerlich mit improvisierten Planschbecken.
Bunloed’s Homestay ist direkt neben dem Whu Phu Wildlife Sanctuary, eher einem Nationalpark als einem Zoo. Komplett untouristisch und daher kostenlos ist es ein wunderschoener Ort mit unberuehrtem Urwald, wie man ihn selten noch sieht in SUedostasien.
Mayla und Ich fahren mit Fahrrad dorthin und sehen auf dem Weg etliche Plakate mit Tieren, die in dem Park leben oder mal gelebt haben (leider letzteres sehr viel mehr…); Elefanten, Nashoerner, Leoparden, Hirsche, Nasenbaeren und etliche andere, viele, dessen Namen ich gar nicht kenne.
Wir wandern den Berg hoch. Wandern ist gut, wir erklimmen ihn. Der Aufstieg ist sehr anstrengend und erfordert viel klettern und kraxeln, zum Glueck schlaeft Mayla.
Der Weg ist ein kleiner Pfad durch dichten Urwald. Halte ich an, merke ich, was fuer einen Krach ich beim Laufen mache – das Laub am Boden, die kAeste, die ich erbreche, mein lautes Atmen, die Tasche, die bei jedem Schritt gegen meine Seite schlaegt, Mayla;s Beine, die Baender der Tragehilfe, das schwappende Wasser in meiner Tasche…. Auf einmal ist alles still. Ich schliesse die Augen und der Wald um mich herum erwacht zum Leben. Ich hoere verschiedene Voegel, je laenger ich horche, desto mehr Stimmen kann ich unterscheiden. Hier ein Rascheln, in der Ferne ein Knacksen. Das Zirpen von Insekten. Weit entfernt meine ich einen Platsch zu hoeren. Der Wind, der hoch oben durch die Baumkronen geht. Eine tiefe innere Ruhe ergreift mich bei dieser gleichzeitigen Stille und doch Geraeuschvielfalt.
Nach einer Stunde sind wir oben angekommen, an einer schoenen Aussichtsplattform, ich bin ausser Atem und Mayla wach. Wir spielen eine Weile und picknicken. Dann beobachten wir 20 Minuten lang Ameisen, die schnell die Kruemel unserer Reiskekse in ihr Nest bringen. Fasziniert verfolge ich, wie die kleinen und grossen Kruemel schnell und effizient transportiert werden und wie scheinbar jede einzelne Ameise weiss, wie sie am besten mithelfen kann. Lachen muss ich als eine riesige Ameise, so gross wie mehrere kleine Ameisen, kurzerhand einen Kruemel mitsamt der 5 Ameisen, die da dran haengen und ihn bisher getragen haben, in die Luefte hebt und forttraegt.
Ich bin versucht, den Pfad immer weiter zu laufen, entscheide mich dann aber dagegen – Es gibt scheinbar keinen Rundwanderweg, Mayla wird nicht ewig in der Tragehilfe sitzen wollen und der Abstieg wird schwer genug werden.
Der Abstieg ist auch verdammt anstrengend – nicht im Sinne von aus-der-Puste-sein sondern im Sinne von Konzentration und Vorsicht. Mit Mayla auf dem Ruecken kann ich steile und hohe Abstiege nicht einfach herunterspringen oder -rutschen.
Doch nach 45 Minuten habe ich es schliesslich geschafft – wir sind wieder unten angekommen! Mayla darf zuhause um Ausgleich eine Stunde im Wasser spielen 😉
Am naechsten Tag fahre ich mit Bunloed durch die Gegend. Alles hier ist voller Gummibaum-Plantagen. Sie werden einmal rundherum eingeschnitten und eine kleine Kokosnuss-schale wird am Ende des Schnittts befestigt. Hier suppt nun langsam aber stetig eine milchige Masse hinein, die spaeter zu Gummi gemacht wird. Hoert ein Baum auf, diese Masse zu produzieren, wird er mit einer braunen Pampe (??) eingeschmiert und er kann einige Zeit regenerieren.
Wir wandern durch einen anderen Teil des Parkes. Es ist wahnsinnig – wir parken den Motorroller an einer Gummibaum-Plantage. Alles ist trocken und offen, Gumminbaeume in Reih und Glied soweit das Auge reicht. Direkt daneben faengt der geschuetzte Park an – Man laeuft 2 Meter und hat das Gefuehl, man sei in einer anderen Welt. Der dichte Wald schluckt alle Geraeusche von aussen, es scheint um einiges kuehler, aber doch viel schwueler zu sein.
Wir wandern zu einer Hoehle, in der seit 2 Jahren ein Moench lebt. Dieser meditiert allerdings, als wir da sind, also habe ich keine Chance, mit ihm zu reden.
Und dann wandern wir noch ein wenig weiter und Bunloed zeigt mir Pflanzen, die als Mediin verwendet werdem sowie den Oelbaum. Das sind riesige Baeume, die am Stamm schon um einiges schmaler geworden sind. 2 grosse schwarze Loecher klaffen auf beiden Seiten. Der Baum hat ein bestimmtes Oel in sich, das sehr schnell und gut brennt, ohne giftig zu sein. Ich durfte Tags zuvor schon Zeuge davon sein, wie gut man mit dem Oel ein Lagerfeuer starten kann. Bunloed zeigt und erklaert mir, wie man das Oel gewinnt. Er haelt ein Feuerzeug in das Loch – sofort faengt die Stelle an zu brennen, erlischt aber nach wenigen Sekunden aber wieder. Einmal in der Woche kommen Leute und machen ein richtiges kleines Feuer in dem Loch (verbotenerweise, da dies Naturschutzgebiet ist). Als Regeneration laesst der Baum an der gebrannten Stelle Oel auslaufen. Nach einer Woche kommen die Menschen wieder, fangen dieses Oel auf und lassen erneut ein Feuer brennen. Obwohl es nur ein Baum ist, fuehle ich eine gewisse Traurigkeit, dass er jede Woche seine Energie darauf verwendet, seine Wunden zu heilen – nur um abermals verbrannt zu werden.
Und ansonsten? Eine Massage von einer Bekannten Bunloed’s goenne ich mir, waehrend Angelina auf Mayla aufpasst. Mayla ist ganz verrueckt nach ihr. Und ich gehe mit Bunloed und Angelina auf den Markt.
Nach 4 Naechten verabschiede ich mich schweren Herzens wieder. Ich koennte definitiv noch laenger bleiben, doch wir haben noch einen weiten Weg vor uns bis Pai, der letzten und laengsten Station unserer Reise…..


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