Ich bleibe 2 Naechte in Paxse, in einem Gaestehaus mit einem grossen Hof, wo auch 2 kleine Kinder wohnen und Mayla mal wieder andere Spielsachen hat.
Im Allgemeinen geht es ihr gut, aber sie hat manchmal Fieber und Verstopfung, dann wieder Durchfall. Und sie will nciht mehr auf die Toilette. Ich hole mir Rat in einer Klinik nebenan. Die Frau spricht gutes englisch und gibt mir viele Tipps. Wenn es Mayla weiterhin schlecht gehen wuerde, sollte ich wiederkommen.
Am naechsten Tag meine ich, dass es Mayla schon viel besser geht und fahre weiter. In den nachsten Orten wird es ja auch Aerzte geben, falls es ihr doch wieder schlechter gehen sollte.
Die 4,5 stuendige Fahrt nach Savannaketh ist ebenfalls anstrengend, da Mayla viel zu noelig ist – obwohl sie doch bisher die Busfahrten so unglaublich gut mitgemacht hat! Scheinbar ist sie doch noch am kraenkeln….
In Savannaketh verbringen wir wirklich nur die Nacht in einem Gaestehaus, am naechsten Tag geht es weiter nach Thakhek, von wo aus ich nach Thailand fahren moechte. Und ich nehme mir vor, dort doch noch zum Arzt zu gehen, da Mayla immernoch nicht fit scheint.
Ich nehme einen „Minibus“ nach Thakhek. Es gibt wohl auch Busse, aber die fahren erst viel spaeter am Tag. Ich kenne die Minibusse in Asien, die wie Gemeinschaftstaxis fungieren – das heisst, es werden so viele Menschen und Gepaeckstuecke wie nur irgend moeglich in ein Auto gequetscht. Doch diese Fahrt uebertrifft alles, was ich bisher erlebt habe.
Schon ohne Menschen ist es verdammt eng in dem Bulli, es wurden 5 Sitzreihen eingebaut, was mindestens eine Reihe zu viel ist – kein erwachsener Mensch, und sei er noch so klein, kann vernuenftig dort sitzen ohne die Beine zur Seite oder hoch zu klappen.
Der Boden ist schon mit Reissaecken ausgelegt, sodass man seine Beine dort drauf stellen muss. Ich sitze Probe, befinde es fuer unbequem aber aushaltbar und glaube fest daran, dass der Fahrer hoechstens drei Menschen plus Mayla in meiner Reihe sitzen laesst bzw. ich hoffe auf einen eigenen Platz fuer Mayla.
Tatsaechlich fahren wir los und Mayla und ich haben die ganze Sitzbank fuer uns. Dann sammeln wir unterwegs aber immer mehr Menschen auf, die das Taxi anhalten und es wird zunehmend voller. Die Leute fangen an zu lachen, als wir mehr und mehr Menschen einpacken, doch das Lachen wird immer nervoeser – und das muss schon was heissen, sind die Einheimischen doch an diese Transportart gewoehnt!
Auch meine Sitzreihe fuellt sich, bis sich schliesslich der dritte Mann neben mich setzen soll. Einen Moment lang will ich protestieren, es ist wirklich null Platz neben mir und ich sitze schon unheimlich unbequem, da ich auch noch meine grosse Tasche in den Beinraum gequetscht habe. Doch ich sage nichts, es wuerde eh ncihts bringen, und wenn der Mann bereit ist, sich hier hineinzuquetschen anstatt auf das naechste Taxi zu warten, will ich ihm das nicht vermiesen.
Schliesslich sitzen wir mit 4 Erwachsenen, Mayla, meiner grossen Tasche und Reissaecken in einer viel zu engen Reihe. Und muessen noch 2 Stunden fahren. Diese Fahrt wird richtig anstrengend, aber nicht wegen Mayla.
Mayla macht super mit, auch wenn es ihr sehr schwer faellt, eine vernuenftige Position zu finden. Da meine Fuesse so hoch stehen (auf Reissaecken und meiner Tasche) und ich nach vorne gebeugt sitze (zum anlehnen ist zu wenig Platz) ist auf meinem Schoss praktisch kein Platz fuer sie bzw. es ist unmoeglich, dass sie eine bequeme Position findet. dabei ist die Strasse so schlecht, dass wir hoch und runter schaukeln in einem Ausmass, der nicht mehr angenehm fuer sie ist.
Sie dreht und wendet sich auf diesem kleinsten Raum, bis sie schliesslich einschlaeft, die Beine zwischen meine Beine gerutscht (und dort eingeklemmt), ihren Kopf auf dem Schoss meines Nachbarn.
Das Wichtigste ist geschafft, denke ich, jetzt nur noch den Rest der Fahrt in dieser Position ausharren. Das wird eine echte Qual, nach einer Weile ist mein halber Koerper eingeschlafen und der Grossteil des Koerpers schmerzt. Zwischendurch versuche ich mein Gewicht zu verlagern (was, mangels Platz, praktisch unmoeglich ist) und am schmerzverzerrten Gesicht meines Nachbarn erkenne ich, dass es ihm aehnlich geht. Maylas Gewicht macht die Dinge nicht besser und bald habe ich das Gefuehl, nicht mehr 5 Minuten in dieser Position sitzen zu koennen. Ich stelle mir vor, wie andere Menschen viel groessere Qualen ertragen muessen, sage mir, dass ich von Glueck reden kann, dass ich so eine Kleinigkeit ueberhaupt als „Qual“ bezeichnen kann und schelte mich fuer meine Zimperlichkeit.
Zum Glueck geht aber auch diese Fahrt vorbei und etwa 23 Menschen steigen steif, stoehnend und aechzend aus dem Auto.
Ich bin erschoepft und Mayla auch nicht in der besten Stimmung. Das erste Gaestehaus ist voll, das zweite direkt hinter einer Karaoke-Bar. Und es ist Samstag-Abend. Na Toll. Doch der Preis ist angemessen (Phoukhanna Guesthouse, 60.000 Kip pro Nacht) und ich habe wenig Lust, jetzt ewig weit zu laufen oder noch mehr Geld fuer ein TukTuk auszugeben, also nehme ich es.
Sobald Mayla und ich gegessen und geduscht haben, machen wir uns auf den Weg zu einem Arzt. Ich stelle mit Erschrecken fest, dass Thakhek viel kleiner als erwartet ist und scheinbar sind die einzigen Aerzte in dem hiesigen Krankenhaus.
Dort endlich angekommen, schlucke ich, als ich das „Provinz-Krankenhaus“ sehe. Naja, besser als gar nichts. Inwischen ist Mayla 6 Tage krank und ich mache mir ernsthaft Sorgen.
Solche Provinzkrankenhaeuser sind wie kleine Doerfer aufgebaut – es gibt viele kleine Gebaeude, die alle fuer etwas anderes zu sein scheinen und ohne Begleitung findet man sich hier sicher nicht zurecht.
Mayla und ich werden zur „Notaufnahme“ gefuehrt. Schnell sind wir von 6 oder 7 Schwestern umringt, die alle Mayla anfassen, mit ihr reden und von ihr Fotos machen, waehrend sie ein Protokoll ausfuellen. Das heisst, sie versuchen es. Ihr englisch ist praktisch nicht existent und mit viel Gestik, einem kleinen Krankheits-Pictogramm (Danke, Frau Dr. Schulte!) und ein paar Schlagwoertern kann ich verstaendlich machen, dass Mayla Fieber hat, Bauchweh und vor allem nicht zur Toilette moechte (auch wenn das Letzte, das Wichtigste in meinen Augen, untergeht).
Bei Mayla wird (unter dem Arm) Fieber gemessen, der Bauch abgehoert und Blut abgenommen. Dafuer muss ich etwa 30.000 Kip (3 Euro) bezahlen. Hier muss ich grinsen und ueberlegen, wie wohl meine Krankenversicherung reagieren wuerde, wuerde ich ihnen eine Rechnung ueber drei Euro einschicken. Waehrend der ganzen Prozedur haette ich Kilometergeld verdient – Ununterbrochen wuseln wir von Gebaeude zu Gebaeude.
Schliesslich bekomme ich einen Zettel in die Hand, wo vier Sachen drauf stehen und darunter ein Preis (nochmals etwa 3 Euro), wieder werde ich zum Gebaeude gebracht, wo „kassiert“ wird.
Ich bin alamiert und frage, wofuer das Geld diesmal sei. Typischerweise fuer Suedostasien, wenn die Frage nicht verstanden wird, werde ich angelaechelt und mit „Ja“ beantwortet.
Fast 10 Minuten versuche ich, der Schwester klar zu machen, dass ich wissen moechte, was ich da bezahle. Ob es Medikamente seien? Die Schweste begreift, freut sich, laechelt, sagt „Yes, Medicine!!“ und denkt, alles ist geklaert.
Aber nichts ist geklaert. Ich kaufe nicht einfach 4 verschiedene Medikamente und gebe sie meinem Kind, ohne jegliche Erklaerung. Denn das ist genau das, was hier gemacht wird, unabhaengig davon, dass ich kein laotisch spreche. Man nennt ein Symptom und bekommt Medizin dafuer, die freizuegig herausgegeben wird, wie BonBons. Erklaerungen, wofuer sie sei oder andere Tipps, was man gegen bestimmte Symptome machen kann, das gibt es hier nicht. Das habe ich schon im Kinderheim in Kambodscha mit Erschrecken festgestellt, wenn die Kinder bei der kleinsten Beschwerde ueber Kopfschmerzen drei verschiedene bunte Pillen bekommen haben, die wie Suessigkeiten geschluckt wurden.
Die Schwester ist offensichtlich verwirrt, dass ich noch immer nicht zahlen moechte. Ich versuche ihr verstaendlich zu machen, dass ich den Arzt sprechen maechte. Ich weiss nciht, ob sie versteht, aber sie bringt mich schliesslich zu einer Frau, die ich vorher ebenfalls fuer eine Schwester gehalten habe.
Ich bin inzwischen muede und demotiviert. Ich frage sie, ob sie englisch spricht. Nein, bloss ein wenig franzoesisch. Ich schlucke und versuche mich, an mein Schulfranzoesisch zu erinnern.
„Ich moechte gerne wissen, was das fuer Medizin ist.“
„Fuer das Baby“
„Ich weiss, aber WAS ist es? Wofuer?“
Die Aerztin ist sichtlich irritiert, dass ich nachfrage.
„Antibiotika“ sagt sie und zeigt auf den Bauch.
Ich frage, wofuer das ANtibiotika sei und was Mayla habe, doch erhalte keine gescheite Antwort. Ich frage, was der Bluttest ergeben haette und bekomme nur zu hoeren, dass Mayla krank sei. Ich weine fast vor Ohnmacht und frage, was fuer eine Krankheit? Virus oder Bakterien??
Scheinbar hat sie eine bakterielle Erkrankung, im Bauch. Gut, denke ich, nun sind wir ein wenig weiter. Trotzdem behagen mir vier Medikamente nicht. Ich zeige auf das naechste Wort, welches Medikament sei dies? Gegen Halsschmerzen, zeigt mir die Aerztin. Aber sie hat keine Halsschmerzen!, rufe ich verzweifelt und die Aerztin streicht das Medikament weg.
Ploetzlich haelt mir jemand ein Telefon hin, ein Uebersetzer, ein Arzt der englisch kann! Erleichtert sprudelt alles aus mir heraus; Maylas Krankengeschichte, meine Sorge, die Frage, was das fuer Medizin sei und meine Erklaerung, dass ich meiner Tochter nur Antibiotika geben moechte, wenn es wirklich als notwendig fuer ihre Genesung erachtet wird. Der Arzt hat alles verstanden und spricht mit der Aerztin, die kein Wort englisch kann.
5 Minuten reden sie, dann legt die Aerztin auf. Ich kann es nicht fassen – der Arzt haette mir doch genau erklaeren koennen, was fuer Bakterien Mayla hat, was fuer Nahrung ich ihr geben soll, welche Medikamente notwendig sind, ob sie Ruhe braucht, ob es schlimmer werden kann,…
Die Aerztin hat das Antibiotika auch durchgestrichen. Nicht wichtig, sagt sie, scheint aber in Wirklichkeit nicht der Meinung zu sein. Bleiben noch 2 Medikamente. Das naechste, so kann sie mir erklaeren, sei fuer Erbrechen. Da Mayla bloss einmal vor 5 Tagen gebrochen hat, bedeute ich ihr, dies auch zu streichen. Bleibt noch eines, was sich als Electrolythen-Loesung bei Durchfall erpuppt. Zwar habe ich das schon in meiner Reiseapotheke und Mayla auch schon gegeben, doch inzwischen tut mir die Aerztin auch ein wenig leid und so nehme ich zumindest dies mit nach Hause (fuer 50 Cent).
Der Krankenhausbesuch war verdammt ernuechternd und enttaeuschend. Der einige Trost ist, dass es scheinbar nichts ganz schlimmes ist oder Dengue-Fieber, das haetten sie mir sicher sagen koennen. Ich muss noch 2 Naechte in Thakhek bleiben (Visatechnisch bedingt), dann kann ich nach Thailand ueberkreuzen. Nakhon Phanom liegt bloss auf der anderen Seite des Flusses und schaut groesser aus. Geht es Mayla dann immer noch schlecht, wuerde ich dort nochmal mein Glueck mit Aerzten versuchen. Bis dahin wuerde ich meine Zeit hier geniessen – Mayla ging es schliesslich immernoch zum Grossteil gut und sie ist meist sehr gut zufrieden!
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